Der lateinische Ausdruck „sic!“ wird in schriftlichen Texten verwendet, um eine bestimmte Stelle hervorzuheben und zu signalisieren, dass ein vorhergehender Fehler, eine ungewöhnliche Formulierung oder eine fragwürdige Aussage bewusst so übernommen wurde. Das Wort „sic“ bedeutet auf Lateinisch „so“ oder „genau so“. Obwohl eine direkte deutsche Übersetzung existiert, bleibt der lateinische Begriff in akademischen, journalistischen, juristischen und medizinischen Texten die bevorzugte Wahl. Doch warum ist das so?
1. Bedeutung und Funktion von „sic!“
„Sic!“ wird in eckigen Klammern [sic!] oder manchmal auch kursiv gesetzt (sic!), um darauf hinzuweisen, dass eine fehlerhafte, seltsame oder unerwartete Formulierung im Originaltext beabsichtigt so wiedergegeben wird. Damit signalisiert der Autor oder Redakteur dem Leser, dass der Fehler oder die Besonderheit nicht aus eigener Nachlässigkeit stammt, sondern direkt aus der zitierten Quelle übernommen wurde.
Typische Verwendungszwecke:
- Fehlerhafte oder unübliche Schreibweisen in Zitaten
Beispiel: „Er schrieb in seiner E-Mail: ‚Ich bin überhaubt [sic!] nicht begeistert.‘“
Hier zeigt „sic!“, dass „überhaubt“ ein Tippfehler im Originalzitat ist.
- Altertümliche oder veraltete Sprache
Beispiel: „In dem historischen Brief stand: ‚Wahrlich, das ist mir nicht zu ohngeheuerlich [sic!].‘“
Die altertümliche Schreibweise bleibt erhalten, und „sic!“ zeigt, dass dies kein Fehler ist.
- Ironische oder fragwürdige Aussagen
Beispiel: „Der Politiker erklärte: ‚Ich habe immer von 5% [sic!] Rentenerhöhung gesprochen.‘“
Hier kann „sic!“ darauf hinweisen, dass die Aussage zweifelhaft oder ironisch gemeint ist.
- Ungewöhnliche Grammatik oder falsche Wortwahl
Beispiel: „Die Werbung versprach ‚die besteste [sic!] Qualität aller Zeiten‘.“
„Sic!“ hebt die sprachliche Abweichung hervor.
2. Warum wird „sic!“ noch immer auf Lateinisch verwendet?
Obwohl es eine direkte deutsche Entsprechung gibt („so!“ oder „genau so!“), hat sich „sic!“ aus mehreren Gründen in der Schriftsprache durchgesetzt:
a) Tradition und akademische Konvention
Lateinische Begriffe haben in wissenschaftlichen, juristischen und medizinischen Texten eine lange Tradition. Besonders in der Philologie und der Geschichtswissenschaft sind exakte Zitate essenziell, und „sic!“ bietet eine prägnante Möglichkeit, die Authentizität eines Zitats hervorzuheben.
b) Prägnanz und Kürze
Das Wort „sic!“ ist kurz, international verständlich und unverwechselbar. Eine Übersetzung wie „(so im Original)“ oder „(wirklich so gesagt)“ wäre oft zu lang und störend im Lesefluss.
c) Ironie und Distanz
„Sic!“ kann auch eine subtile ironische Note vermitteln, besonders wenn eine Aussage offensichtlich fragwürdig oder skurril ist. Die neutrale und zugleich distanzierende Wirkung macht es für Journalisten und Autoren besonders nützlich.
3. Beispiele aus verschiedenen Bereichen
a) Wissenschaftliche Texte und akademische Zitate
„Der Autor behauptet, dass ‚die Analyse inhaltlich und formal [sic!]‘ korrekt ist.“
Hier zeigt „sic!“, dass das Zitat bewusst so wiedergegeben wird, obwohl es möglicherweise nicht korrekt ist.
b) Journalismus und Berichterstattung
„Der Minister sagte in seiner Rede: ‚Unsere Wirtschaft war nie stabiler als in dieser Krise [sic!].‘“
In diesem Fall könnte „sic!“ darauf hinweisen, dass die Aussage widersprüchlich oder zweifelhaft ist.
c) Medizinische Fachsprache
In medizinischen Rezepten und Verordnungen wird „sic!“ verwendet, um darauf hinzuweisen, dass kein Generikum verwendet werden soll:
Beispiel: „Wenn nichts anderes vermerkt [sic!], soll möglichst ein Generikum abgegeben werden.“
Zusammenfassung
Der Ausdruck „sic!“ bleibt in vielen Bereichen der Sprache relevant, da er eine kompakte und universell verständliche Möglichkeit bietet, Fehler oder ungewöhnliche Formulierungen in Zitaten zu kennzeichnen. Seine lateinische Herkunft verleiht ihm eine akademische Autorität, die eine einfache Übersetzung ins Deutsche nicht erreichen könnte. Zudem dient „sic!“ oft als stilistisches Mittel zur Distanzierung oder Ironie. Ob in der Wissenschaft, im Journalismus, der Medizin oder anderen Bereichen – „sic!“ wird wohl auch in Zukunft seinen festen Platz in der deutschen Sprache beibehalten.