Unternehmensdeutsch versus Business English

Abstract

Die Kommunikation in Unternehmen ist ein zentraler Bestandteil des operativen und strategischen Handelns, wobei die Wahl der Sprache sowohl Effizienz als auch Risiken bestimmt. Business English hat sich als globale Lingua franca etabliert und zielt auf eine einfache, international verständliche Kommunikation ab, die Missverständnisse minimiert. Die deutsche Sprache hingegen, die nicht die Funktion einer Lingua franca erfüllt, bietet eine größere Variationsvielfalt – in Grammatik, Lexik und Stilistik – und wird in der Unternehmenskommunikation weniger vereinfacht. Diese Unterschiede haben weitreichende Konsequenzen, insbesondere in berufsspezifischen Kontexten, wo Präzision und sprachliche Nuancen entscheidend sind. Eine mangelhafte Beherrschung der deutschen Sprache stellt ein erhebliches Risiko dar, das in einem wirksamen Enterprise Risk Management (ERM) als solches identifiziert und bewertet werden muss.

Business English: Die Lingua franca der globalen Kommunikation

Business English ist die standardisierte Form des Englischen, die in der globalen Unternehmenskommunikation verwendet wird, um einfache, international verständliche Textsorten wie E-Mails, Beschwerdebriefe, Policies, Angebote oder Präsentationen zu erstellen. Als Lingua franca hat Business English das primäre Ziel, sprachliche Barrieren in multinationalen Teams zu überwinden, indem es auf Einfachheit und Unmissverständlichkeit setzt.

David Crystal zeigt in English as a Global Language (2003), dass Business English bewusst sprachliche Nuancen und Komplexität opfert, um Missverständnisse zu vermeiden – eine direkte Konsequenz seiner Rolle als Lingua franca, da es Sprecher mit unterschiedlichem sprachlichen Hintergrund adressieren muss. Typische Merkmale von Business English sind eine vereinfachte Grammatik und die Verwendung kurzer Standardsätze statt komplexerer Strukturen wie etwa „We would like to inform you“, „Looking forward to your reply“ oder „Please find attached“, die universell verständlich sind, sowie pragmatische Höflichkeit durch Modalverben wie „could“ oder „would“, um direkte Anweisungen zu vermeiden und kulturelle Sensibilität zu wahren.

Barbara Seidlhofer beschreibt in Understanding English as a Lingua Franca (2011) die Kommunikationsstrategien in ELF-Kontexten einschließlich Business English und hebt hervor, wie Sprecher in internationalen Geschäftskontexten vereinfachte Grammatik (z. B. Weglassen komplexer Zeitformen) und standardisierte Phrasen verwenden, um Verständlichkeit zu gewährleisten. Sie zeigt, dass ELF oft pragmatische Höflichkeit priorisiert, aber Präzision in fachspezifischen Kontexten vernachlässigt. John M. Swales unterstreicht in Genre Analysis: English in Academic and Research Settings (1990), dass Business English auf pragmatische Zwecke ausgerichtet ist und standardisierte Genres (Textsorten) priorisiert, die in globalen Kontexten funktionieren.

Die deutsche Sprache: Variationsvielfalt ohne Lingua-franca-Zwang

Im Gegensatz zu Business English erfüllt die deutsche Sprache nicht die Funktion einer Lingua franca und ist daher nicht gezwungen, ihre Komplexität zugunsten globaler Verständlichkeit zu reduzieren. Sie bietet eine immense Variationsvielfalt – in Grammatik, Syntax, Lexik und Stilistik –, die in der Unternehmenskommunikation genutzt werden kann, um fach- und diskursspezifische Anforderungen präzise umzusetzen, etwa in Gutachten, Jahresberichten oder internen Richtlinien. Diese Vielfalt ist ein direkter Vorteil, da sie Präzision und Eindeutigkeit ermöglicht, insbesondere in Kontexten, in denen sprachliche Fehler Haftungsrisiken bergen. Beispiele für die Variationsvielfalt des Deutschen sind Modalverben wie „muss“ vs. „soll“ und deren Umschreibungen, die in Verträgen oder Gutachten rechtliche Implikationen besitzen, komplexe Nebensätze, die präzise Argumentationen ermöglichen, spezifische Fachbegriffe sowie stilistische Variationen, z. B. formelle vs. informelle Formulierungen in Jahresberichten oder internen Mitteilungen.

Thorsten Roelcke betont in Fachsprachen (2010) die Variationsvielfalt der deutschen Sprache in beruflichen Kontexten und beschreibt, dass die deutsche Sprache ihre Komplexität bewahrt, da sie nicht die Funktion einer Lingua franca besitzt und daher nicht der gleichen Simplifizierung unterliegt wie Business English. Er hebt hervor, dass die Beherrschung dieser Vielfalt – z. B. durch stilistische Register – entscheidend ist, um berufsspezifische Anforderungen zu erfüllen. Hadumod Bussmann zeigt im Lexikon der Sprachwissenschaft (2008) die strukturellen Unterschiede zwischen Sprachen wie Deutsch und Englisch auf und argumentiert, dass das Deutsche durch seine synthetische Struktur (z. B. Kasus, Konjunktiv, komplexe Wortbildungen) mehr Variationsmöglichkeiten bietet. Anne Kankaanranta und Tuija Lehtonen legen in English as a Lingua Franca in Nordic Corporate Communication (2010) dar, wie Business English als Lingua franca vereinfacht wird und kontrastieren dies mit lokalen Sprachen, die ihre Komplexität beibehalten, da sie nicht die Funktion einer Lingua franca besitzen – ein Prinzip, das sich auf Deutsch übertragen lässt. Francesca Bargiela-Chiappini et al. vergleichen in Business Discourse (2007) Business English mit anderen Sprachen, einschließlich Deutsch, und zeigen, dass das Deutsche komplexere Strukturen und Fachbegriffe einsetzt, um Präzision zu gewährleisten. Auch Alessia Cogo und Martin Dewey legen in Analysing English as a Lingua Franca (2012) dar, dass Business English als Lingua franca auf einfache Formulierungen setzt, während nicht-Lingua-franca-Sprachen wie Deutsch ihre Komplexität beibehalten, da sie in homogeneren sprachlichen Kontexten verwendet werden.

Die Forderung nach Präzision und Eindeutigkeit der deutschen Sprache hat Eingang gefunden in die DIN 820-2, die Regeln für die sprachliche Gestaltung von Normen festlegt. Sie fordert, dass Formulierungen in Normen eindeutig und präzise seien, etwa durch die klare Verwendung von Modalverben („muss“ für zwingende Anforderungen, „soll“ für Empfehlungen) und die konsistente Nutzung von Begriffen, um Mehrdeutigkeiten zu vermeiden. Die DIN 820-2 zeigt, wie die deutsche Sprache in technischen Kontexten ihre Variationsvielfalt kontrolliert einsetzt, um Klarheit und Präzision zu erzielen.

Konsequenzen der unterschiedlichen Rollen: Lingua franca vs. Variationsvielfalt

Die unterschiedlichen Rollen von Business English und der deutschen Sprache führen zu grundlegenden Konsequenzen in der Unternehmenskommunikation. Business English, als Lingua franca, fragt: „Wie können wir global verständlich kommunizieren?“ Die Antwort ist Vereinfachung: standardisierte Textsorten, einfache Grammatik und ein begrenzter Wortschatz. Die deutsche Sprache hingegen, die keinem vergleichbaren Vereinfachungszwang unterliegt, fragt: „Wie setzen wir berufsspezifische Anforderungen sprachlich präzise um?“ Die Antwort ist die Nutzung ihrer Variationsvielfalt, um Nuancen und Kontexte exakt abzubilden.

Wer die Klaviatur des Deutschen beherrscht, ist im Vorteil, da er die Anforderungen der Unternehmenskommunikation – insbesondere in rechtlich sensiblen Bereichen – präzise erfüllen kann. Ein wirksames Enterprise Risk Management (ERM) erkennt die mangelhafte Beherrschung der deutschen Sprache als Risiko an und zeigt Strategien zu deren Vermeidung auf. So betont COSO in Enterprise Risk Management: Integrating with Strategy and Performance (2017) die Notwendigkeit präziser Kommunikation, da unklare Formulierungen Interpretationsspielräume schaffen, die rechtliche und finanzielle Konsequenzen haben können. Beispielsweise kann die ungenaue Verwendung von Modalverben wie „soll“ statt „muss“ in einem Vertrag oder die Verwechslung von Fachbegriffen wie „Haftungsrisiko“ und „Gefahr“ in einem Jahresbericht Missverständnisse erzeugen, die Haftungsstreitigkeiten auslösen können. So könnte in einem Risikobericht die Formulierung „Die Gefahr von Produktrückrufen ist hoch“ verwendet werden, obwohl ein „Haftungsrisiko“ gemeint ist, was die rechtlichen Konsequenzen unterschätzt und die Dringlichkeit der Maßnahmen verschleiert. Eine mangelhafte Beherrschung der deutschen Sprache – etwa durch fehlende Kenntnis ihrer grammatikalischen, lexikalischen und stilistischen Nuancen – kann daher zu erheblichen Haftungsrisiken führen. Unternehmen müssen dieses Risiko identifizieren und aktiv bewerten, um rechtliche und operative Konsequenzen zu vermeiden.

Schlussfolgerung

Business English ist als Lingua franca ein unverzichtbares Werkzeug für die globale Unternehmenskommunikation, da es durch Vereinfachung Missverständnisse minimiert, jedoch die Präzision für fach- und diskursspezifische Kontexte opfert. Die deutsche Sprache hingegen als Nicht-Lingua-franca-Sprache nutzt ihre Variationsvielfalt, um in der Unternehmenskommunikation Präzision und Risikominimierung zu gewährleisten, insbesondere in rechtlich sensiblen Bereichen. Wie in der Forschungsliteratur hinlänglich aufgezeigt worden ist, sind diese Unterschiede nicht nur theoretischer Art, sondern auch praktisch relevant.

Tabelle: Vergleich Business English und deutsche Sprache

AspektBusiness English (Lingua franca)Deutsche Sprache (Nicht-Lingua-franca)
ZielGlobale Verständlichkeit, UnmissverständlichkeitPräzision in berufsspezifischen Kontexten
KomplexitätVereinfacht, standardisiertVariationsreich (Grammatik, Lexik, Stilistik)
RisikomanagementNicht adressiertMangelhafte Sprachbeherrschung als Risiko
Sprachliche VielfaltReduziert, um Missverständnisse zu vermeidenVoll ausgeschöpft, um Nuancen abzubilden

Literaturverzeichnis

Bargiela-Chiappini, F., Nickerson, C., & Planken, B. (2007). Business Discourse. Palgrave Macmillan.

Bussmann, H. (2008). Lexikon der Sprachwissenschaft (4. Aufl.). Kröner.

Cogo, A., & Dewey, M. (2012). Analysing English as a Lingua Franca: A Corpus-driven Investigation. Continuum.

COSO. (2017). Enterprise Risk Management: Integrating with Strategy and Performance. Committee of Sponsoring Organizations of the Treadway Commission.

Crystal, D. (2003). English as a Global Language (2. Aufl.). Cambridge University Press.

Kankaanranta, A., & Lehtonen, T. (2010). English as a Lingua Franca in Nordic Corporate Communication. In A. Kankaanranta & L. Louhiala-Salminen (Hrsg.), English as a Lingua Franca in Nordic Corporate Settings (S. 15–35). Routledge.

Roelcke, T. (2010). Fachsprachen (3. Aufl.). Erich Schmidt Verlag.

Seidlhofer, B. (2011). Understanding English as a Lingua Franca. Oxford University Press.

Swales, J. M. (1990). Genre Analysis: English in Academic and Research Settings. Cambridge University Press.

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