„Mir und mich“ – Dativ oder Akkusativ?

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Manch einem ist der Spruch bekannt, der die ausgeprägte mich/mir- bzw. dich/dir-Schwäche des Berlinerischen anschaulich beschreibt: „Mir und mich verwechsel ich nicht, das kommt bei mich nicht vor“. Es ist dies ein humorvoller Spruch, der ironisch auf einen der häufigsten Grammatikfehler im Deutschen hinweist: das Verwechseln von Dativ und Akkusativ, mit dem vor allem Deutschlernende ständig zu kämpfen haben.
Dabei macht dieser schnoddrig-flott daherkommende Spruch genau den Fehler, den er vorgibt, nicht zu machen, woraus sein besonderer Witz resultiert.

1. Dativ und Akkusativ – Was ist der Unterschied?

  • Akkusativ (Wen-Fall): Er wird bei direkten Objekten verwendet.
    Beispiel: „Ich sehe mich im Spiegel.“ (Wen sehe ich? Mich.)
  • Dativ (Wem-Fall): Er wird bei indirekten Objekten verwendet.
    Beispiel: „Das gehört mir.“ (Wem gehört es? Mir.)

In der Alltagssprache, vor allem in Dialekten und der Jugendsprache, wird dieser Unterschied oft nicht beachtet. Aber auch Deutschlernende haben hiermit immer wieder ihre Probleme.

2. Warum passiert dieser Fehler so häufig?

  • Einfluss der regionalen Sprache: In einigen Dialekten, z. B. im Ruhrpott oder in Teilen Süddeutschlands, wird der Dativ oft auch dort verwendet, wo eigentlich der Akkusativ stehen müsste – und umgekehrt.
    Beispiel: „Kannst du das für mir machen?“ statt „für mich“.
  • Komplexität der deutschen Grammatik: Das Deutsche ist bekannt für seine (im Vergleich zum Englischen) vielen Fälle, und gerade bei den Personalpronomen (mir, mich, dir, dich) passieren Fehler leicht. 


3. Humoristische Wirkung des Spruchs

Der Satz „Mir und mich verwechsel ich nicht, das kommt bei mich nicht vor“ lebt von seiner Ironie. Er gibt vor, die Regel zu beherrschen, macht aber dabei bewusst den Fehler, den er eigentlich vermeiden möchte. Das evoziert Sympathie, aber natürlich auch Schadenfreude. Der Spruch wird oft verwendet, um auf leichte Grammatikfehler hinzuweisen, ohne dabei belehrend zu wirken.
Vor allem Berliner scheinen die mich-/mir- bzw. dich-/dir-Schwäche aufzuweisen, ein anderer Spruch, der diese Schwäche aufgreift, ist folgender:

Ick sitze da un‘ esse Klops
uff eemal klopt’s
Ick kieke, ick staune, ick wundre mir,
uff eemal jeht se uff die Tür.
Nanu, denk ick, ick denk nanu
jetz isse uff, erst war se zu!
Ick jehe raus und blicke
und wer steht draußen? Icke!

Im Berlinerischen tu ick mir also wundern und nicht ick mich. Und wenn der Berliner/die Berlinerin dafür kritisiert wird, dann wird er/sie typischerweise antworten: „Dit is mir schnurz piepe, wa!“ – hier benutzt der Berliner/die Berlinerin dann korrekterweise wieder den Dativ. Auch wenn sich das Berlinerische wie jeder Dialekt im Laufe der Zeit wandelt und nicht jeder, der Berlinerisch spricht, Dativ und Akkusativ verwechselt, so scheint dies doch ein typisches Phänomen des Berlinerischen zu sein.
Aber auch in anderen Dialekten gibt es eine ausgeprägte mich/mir- bzw. dich/dir-Schwäche. So ist bei Rheinländern der Spruch beliebt: „Hast Du Kummer mit den Deinen, trink Dich einen, ist der Kummer dann vorbei, so trink dich zwei“.

Der Unterschied zwischen mir (Dativ) und mich (Akkusativ) ist zwar einfach zu erklären, wird aber im Alltag häufig ignoriert oder verwechselt. Gerade die Werbebranche greift solche grammatikalischen Schwächen gerne auf und wirbt damit. Für Werbetreibende bieten dialektale Besonderheiten daher ein reiches Repertoire für Fail-Marketing an, also Marketing, das bewusst Fehler in Texte einbaut. Geradezu legendär ist zum Beispiel Verona Pooth (vormals Feldbusch) mit ihrem Spruch: „Da werden Sie geholfen.“ – auch hier wird der Akkusativ statt des Dativs verwendet („statt des Dativs“ ist im übrigen Genitiv). Das Verwechseln von Akkusativ und Dativ scheint geradezu prädestiniert für ein humorvolles Fail-Marketing zu sein.

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