„Komm, lass Fussballplatz gehen“ – fremdsprachliche grammatikalische und lexikalische Einflüsse in der Jugendsprache

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Immer häufiger hört man in der Jugendsprache verkürzte Satzstrukturen wie „Komm, lass Fußballplatz gehen“ anstelle der grammatikalisch korrekten Variante „Komm, lass uns zum Fußballplatz gehen“. Diese sprachliche Entwicklung hat mehrere Ursachen und ist ein interessantes Phänomen der modernen Sprachökonomie.

1. Sprachökonomie und Vereinfachung
Jugendliche neigen dazu, Sprache zu verkürzen, um Kommunikation effizienter und schneller zu gestalten. In diesem Fall wird die Präposition mit dem bestimmten Artikel „zum“ weggelassen, und „lass“ wird direkt mit einem Ortsnomen verbunden, um den Satz möglichst kompakt zu halten.

2. Einfluss anderer Sprachen
Viele Jugendliche sind bilingual aufgewachsen oder haben Kontakt zu anderen Sprachen, die präpositionale Konstruktionen nicht in derselben Weise wie das Deutsche erfordern und auch keinen bestimmten Artikel kennen. So kennt das Türkische keinen bestimmten Artikel – die Bestimmtheit eines Substantivs wird hier durch den Kontext oder durch grammatikalische Strukturen ausgedrückt:

Direktes Objekt mit Akkusativ
Wenn ein direktes Objekt bestimmt ist, wird es im Akkusativ dekliniert.
„Kitabı okuyorum.“ → „Ich lese das Buch.“
„Kitap okuyorum.“ → „Ich lese (ein) Buch.“

Satzstellung und Kontext
Häufig ergibt sich die Bestimmtheit aus dem Kontext oder der Satzstruktur.
„Ev güzel.“ → „Das Haus ist schön.“ (gemeint ist ein bestimmtes Haus, das bekannt ist)
„Bir ev güzel.“ → „Ein Haus ist schön.“ (allgemeine Aussage)

Demonstrativpronomen zur Verdeutlichung
Wenn eine klare Bestimmtheit betont werden soll, werden Demonstrativpronomen wie „bu“ (dieser) oder „şu“ (jener) verwendet.
„Bu kitap güzel.“ → „Dieses Buch ist schön.“

3. Umgangssprache und Gruppenzugehörigkeit
Jugendsprache dient auch als Identitätsmerkmal. Verkürzte, unkonventionelle Sätze schaffen Gruppenzugehörigkeit und unterscheiden sich bewusst von der Standardsprache der Erwachsenen.

4. Digitalisierung und Chatkultur
Durch soziale Medien und Kurznachrichten entwickelt sich eine knappe, schnell verständliche Ausdrucksweise. In Chats oder Sprachnachrichten werden Artikel, Hilfsverben und Präpositionen oft weggelassen, was sich dann auch in der gesprochenen Sprache widerspiegelt.

5. Neuer Wortschatz
Neben Weglassungen ist Jugendsprache auch durch die Entwicklung eines eigenen Wortschatzes gekennzeichnet. Jugendsprache entwickelt ständig neue Wörter oder verändert die Bedeutung bestehender Begriffe (z. B. „cringe“, „Ehrenmann“, „lost“). Oft werden Anglizismen oder Begriffe aus anderen Sprachen integriert (z. B. „Flexen“ aus dem Englischen „to flex“).

Fazit
Die Konstruktion „Komm, lass Fußballplatz gehen“ ist ein Beispiel für Sprachwandel und ökonomische Sprachverwendung unter Jugendlichen. Sie entspricht zwar nicht der standardsprachlichen Grammatik, ist  jedoch kommunikativ effizient und wird innerhalb der Gruppe problemlos verstanden. Problematisch wird es allerdings, wenn Jugendliche Jugendsprache im Unterricht, im Lehrbetrieb oder im Unternehmen benutzen, denn in einem professionellen Umfeld hat Jugendsprache nichts zu suchen.

In unseren IASPRA-Workshops, die wir für Schulen, Berufsschulen, Lehrbetriebe und Unternehmen anbieten, erklären wir Jugendlichen die Unterschiede zwischen korrekter Hochsprache und gesprochener oder geschriebener Jugendsprache. Anhand zahlreicher Beispiele zeigen wir auf, worauf Jugendliche bei einem Vorstellungsgespräch, während der Lehre oder am Arbeitsplatz zu achten haben, damit die mit Kollegen in der Freizeit gesprochene Jugendsprache nicht zu Konflikten in formellen Umgebungen führt.

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